P8 Plusenergiehaus in Pfarrkirchen

Alfons Lengdobler

PLUSENERGIEHAUS IN PFARRKIRCHEN

 

Das nachfolgend beschriebene Projekt stellt ein sogenanntes "Plusenergiehaus" dar. Das Gebäude produziert deutlich mehr Energie als es für den Betrieb verbraucht. Zudem ist das Gebäude weitestgehend aus nachwachsenden Rohstoffen errichtet - Holz bzw. Holzfaserstoffe sind die vorherrschenden Baumaterialien. Die Komponenten solaren Bauens werden konsequent als integraler Bestandteil der Architektur verstanden.

ENTWURF UND KONSTRUKTION

Der schlanke Baukörper erstreckt sich in Ost-West-Richtung und ist mit seiner langen Hauptfassade exakt nach Süden orientiert. Er bietet somit der Sonne eine sehr große Angriffsfläche. Dem Wohnhaus vorgelagert ist ein Garagen- u. Abstellgebäude, das gleichzeitig die Freibereiche gliedert. An den Gebäudeschmalseiten sind Freisitze bzw. Abstellschuppen (Westseite) angefügt.                                                                                       Neben der konsequenten Südausrichtung der Hauptfassade folgt die Befensterung dem natürlichen Temperaturgefälle innerhalb des Gebäudes sowie auch den Lebensgewohnheiten der Bewohner.Die Hauptaufenthaltsräume sind vollständig nach Süden orientiert und damit optimal belichtet und besonnt. Die großen Glasflächen auf der OG-Südseite sind durch ein auskragendes Vordach im Sommer bei steilstehender Sonne verschattet, im Winter dringt die Sonne tief in die Räume ein und sorgt für natürliche solare Erwärmung. Die Fenster im EG sind durch Außenjalousien verschattet, um so den nötigen sommerlichen Wärmeschutz zu gewährleisten. Die Berechnungen weisen eine Übertemperaturhäufigkeit (Raumtemperaturen über 25° C) von 0% aus. Die Nordseite (Schattenseite) ist nur mit den notwendigsten Fensteröffnungen ausgestattet; Wärmeverluste werden somit minimiert.

Die Dachfläche ist als Gründach ausgebildet.

Wichtige Komponente des Gebäudes ist der kleine Technikraum hinter WC und Treppe, ausgestattet mit Lüftungszentrale, Pufferspeicher (1000-Liter), Hausanschluß und zentraler Steuerung. Durch die Anordnung der haustechnischen Komponenten innerhalb der thermischen Hülle werden so Wärmeverluste nach außen ausgeschlossen.

Das Gebäude ist in massiver Holzkonstruktion mit außenliegender Holzfaserdämmung aus komplett vorgefertigten Elementen errichtet. Die Elemente der Dachkonstruktion sind mit Zelluloseflocken gedämmt. Die Umhüllungsflächen weisen U-Werte zwischen 0,09 und  0,13 W/m2K auf. Auch Holzfenster mit Dreifachverglasung - Passivhausfenster mit zertifiziertem Gebäudeanschluß -, deren Gesamt-U-Wert (Glas + Rahmen) unter 0,8 W/m2K liegt, leisten ihren Beitrag zur Erreichung eines überdurchschnittlich hohen Wärmeschutzes.

ENERGIEKONZEPT

Folgende Überlegungen liegen dem Energiekonzept zugrunde:

1. Der jährliche Gesamtenergiebedarf in Deutschland beträgt nur etwa 0,5% der jährlichen solaren Einstrahlung. Dabei liegen Einstrahlungs- und Bedarfsspitzen, insbesondere beim häuslichen Wärmebedarf, diametral entgegengesetzt. Hohe Einstrahlung ist im Sommer mit geringem Wärmebedarf gepaart, im Winter dagegen geringe Einstrahlung mit hohem Wärmebedarf.                                   Die Speicherung der im Sommer gewonnenen Wärmeenergie für den Abruf in der kalten Jahreszeit wird bislang durch die Bereitstellung aufwändiger und teurer Langzeitspeicher (z. B. Wasserspeicher ca. 50 m3 für ein Einfamilienhaus) gelöst.

2. Beim vorliegenden Konzept wird der kostenintensive und aufwändige Wasserspeicher durch das vorhandene "kostenlose" Erdreich unter dem Gebäude ersetzt. Das Erdreich wird über Fußbodenheizungsschlangen in der Bodenplatte wie mit einem Bügeleisen während der Einstrahlungsperiode  permanent aufgeheizt und erreicht so in der Spitze bis zu 60° C. Die Heizschlangen werden durch eine Solaranlage mit ca. 28 m2  Kollektorfläche gespeist. Die so gewonnene Wärme wird zunächst dem 1000-Liter-Pufferspeicher zugeführt, der das Gebäude mit Warmwasser versorgt. Sobald dieser gesättigt ist - und das ist im Sommer meist bereits nach 2 Stunden der Fall - schaltet die Solaranlage nicht ab, sondern schickt die weiterhin gewonnene Wärmeenergie in das beschriebene Heizschlangensystem zur Übergabe an das Erdreich. Die Kollektorflächen der thermischen Solaranlage sind in die Erdgeschoßfassade bzw. in das Dach des Windfangzwischenbaus integriert und bilden so ein charakteristisches Gestaltungselement. Die fassadenintegrierten Kollektoren ersetzen die Holzfassade und erzeugen durch die Eigenerwärmung eine Umkehrung des Wärmestromes von außen nach innen und somit einen dynamischen, u. U. negativen U-Wert der Außenwandkonstruktion im Kollektorbereich. Das Aufheizen des Erdreichs unter der Bodenplatte lässt diese als wärmeabgebende Fläche wegfallen, da die Erdreichtemperatur auch im Randbereich nie unter 20° C abfällt.

Zentrale Komponente ist, wie beim Passivhaus üblich, die kontrollierte Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung. Der Rückgewinnungsgrad des hier eingesetzten Wärmetauschers liegt bei 91%.

 

Je nach Jahreszeit kann sich das computergesteuerte Lüftungssystem aus dem Wärmetauscher mit vorgewärmter oder gekühlter Zuluft (über einen sogenannten Luftbrunnen) speisen und so die Räume bedarfsgerecht temperieren. Die durch das Erdreich angesaugte und gefilterte Frischluft wird dort durch Sommer wie Winter konstant herrschende Temperaturen von ca. 8-10° C vorgewärmt oder gekühlt.

Eine Photovolatikanlage erzeugt regenerativen Strom und leistet 7,56 kWp; ca. 3,5 kWp mehr als für einen 4-Personen-Haushalt erforderlich wäre. Für die Stromversorgung wurde ein Lieferant gewählt, der ausschließlich regenerativ erzeugten Strom bereitstellt.

Ein herkömmliches Heizsystem bzw. ein Schornstein ist in diesem Gebäude unnötig.

Das Gebäude produziert mehr elektrische bzw. thermische Energie als es insgesamt verbraucht, zumal auch der hausinterne Stromverbrauch ausschließlich durch regenerativ erzeugten Strom abgedeckt wird. Wir sprechen daher von einem sogenannten "Plus-Energiehaus".